Die NÖ Armutskonferenz, zu der auch die Caritas der Diözese St. Pölten und die Katholische Aktion gehören, warnt vor dem „Rütteln der Grundmauern sozialer Sicherheit“ in Österreich.
Es geht uns alle an, wenn System der sozialen Sicherheit abgebaut werden. Weil wir wissen nicht, ob wir nicht irgendwann in unserem Leben darauf angewiesen sind, diese Systeme in Anspruch nehmen zu müssen.“ Mit diesen Worten warnte Barbara Bühler, Sprecherin der Arbeitsgruppe Arbeitsmarktpolitik und Obfrau des NÖ Armutsnetzwerks, vor „dem Rütteln an den Grundmauern sozialer Sicherheit“.
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 24. Jänner in St. Pölten zeigten sich die Mitglieder der NÖ Armutskonferenz in Österreich besorgt, dass die sozial Schwachen in Österreich ausgegrenzt werden würden. Leistungen wie das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe, Krankengeld, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung seien solche Grundmauern sozialer Sicherheit, die auch in schwierigen Zeiten Halt geben, so Bühler. Doch dieses Fundament sehe man zunehmend in Frage gestellt.
Zahl der Langzeitarbeitslosen um das Dreifache gestiegen
„Bevor ich selber krank geworden bin und meine Arbeit verloren habe, hätte ich das nie geglaubt, wie schnell das geht …“, erzählte eine Betroffene im Vorfeld der Pressekonferenz wie schnell sie selber in die Situation geraten sei, Notstandshilfe zu brauchen. Mit 48 Jahren konnte die Frau, nach vier Bandscheibenvorfällen und einem Schlaganfall, nicht mehr in ihrem erlernten Beruf in der Pflege weiterarbeiten. Diese Frau, so Barbara Bühler, sei auf die Notstandshilfe angewiesen und habe nun wie viele andere Betroffene Angst, dass diese abgeschafft wird. Dies würde für diese Menschen einen „weiteren Schritt nach unten“ bedeuten.
„Bevor ich selber krank geworden bin und meine Arbeit verloren habe, hätte ich das nicht geglaubt, wie schnell das geht …“
Maria Nirnsee, Vertreterin der sozialen Unternehmen in Niederösterreich, verwies vor allem auf die Situation für Langzeitbeschäftigungslose, also Personen, die länger als 365 Tage in unterschiedlichen Arbeitsmarkt-Situationen vorgemerkt sind. Während insgesamt die Arbeitslosenzahlen sinken, hätten sich die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen in Niederösterreich seit 2008 von 7.270 Personen auf 19.604 Personen im Jahr 2018 nahezu verdreifacht. Gleichzeitig seien Transitarbeitsplätze, die arbeitslosen Menschen vorübergehend Beschäftigungen bieten, gestrichen und Mittel für das AMS (Arbeitsmarktservice) um 20 Prozent gekürzt worden. „Diese Menschen sind da und es ist wichtig, dass wir für sie etwas tun“, fordert Maria Nirnsee u. a. mehr Angebote an Kursen, Beratungs- und Bildungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Menschen, damit diese den Sprung zurück in das Erwerbsleben schaffen.
Besonders betroffen von Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem Menschen über 50 Jahren und Menschen mit Einschränkungen. Rudi Dörr-Kaltenberger, Fachbereichsleiter Berufliche Integration der Caritas St. Pölten, weiß, dass gerade Menschen mit Behinderung in Österreich überproportional armutsgefährdet sind. „Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung ist doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosigkeit. Das erhöht das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung für diese Personen.“ So waren in Niederösterreich 2010 6.296 Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen arbeitslos. Im Jahr 2018 waren es bereits 14.855 Personen. Elf Prozent der Menschen mit Behinderungen sich manifest arm, bei den nichtbehinderten Menschen sind es vier Prozent.
NÖ Armutsnetzwerk
Das NÖ Armutsnetzwerk ist ein Verein, der ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt und überparteilich ist. Vereinsmitglieder sind neben der Caritas der Diözese St. Pölten und der Erzdiözese Wien, auch die Katholische Aktion der Diözese St. Pölten, die Emmausgemeinschaft St. Pölten, die Frauenberatungsstellen Waldviertel, das Katholische Bildungswerk, das Rote Kreuz NÖ, arbeit plus – Soziale Unternehmen NÖ, Diakonie Flüchtlingsdienst oder die Schuldnerberatung NÖ.
Sonja Planitzer, aus: Kirche bunt, Nr. 5 vom 3. 2. 2019