Katholische Aktion
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St. Pölten, Bildungshaus St. Hippolyt
 
 

Mit der KA im Gespräch - Dr. Elisabeth Götze von der Partei „Die Grünen“

Im Rahmen der Reihe „Mit der KA im Gespräch“ interviewte Mag. Armin Haiderer, Präsident der Katholischen Aktion der Diözese St. Pölten, dieses Mal Dr. Elisabeth Götze, NÖ Spitzenkandidatin der Partei „Die Grünen“ für die Nationalratswahlen. Im Folgenden das Gespräch in voller Länge.

Bei den Grünen fällt mir mehr als bei allen anderen Parteien auf, dass es keine klare Linie im Umgang mit Religion gibt. Ich habe aus vielen Gesprächen mit Grünen Abgeordneten den Eindruck, dass hier vor allem die Privatmeinung kommuniziert wird. Tun sich die Grünen schwer mit dem Thema?

Dr. Elisabeth Götze: Wir haben ganz klar wichtige Grundwerte: Klimaschutz, Umweltschutz und Frieden - daher auch ein klares Bekenntnis zur EU. Aus meiner Sicht gibt es da ganz viele Übereinstimmungen mit eigentlich allen Religionen.

Doch Religion ist keines ihrer Hauptthemen, oder?

Götze: Ich denke, dass es nicht Aufgabe der Politik ist, Religionen zu bewerten und zu beurteilen, was diesen ohnehin oft nicht recht ist. Uns ist ganz wichtig, dass es so etwas wie Religionsfreiheit gibt, dass jeder Mensch die Entscheidung hat, religiös zu sein und das auch auszuüben. Religion ist Privatsache, aber es endet dort, wo wichtige Werte der Gesellschaft beeinträchtigt werden.

Wie stehen die Grünen generell zur Kirche? 

Götze: Berührungspunkte gab es bisher kaum, aber ich bin ehrlich gesagt auch erst ganz neu dabei. Übereinstimmungen gibt es sicher etliche. Und in einigen Bereichen unterstützen wir auch Positionen der Kirchen.

Wie ist die grüne Position zum Arbeitsfreien Sonntag?

Götze: Wir unterstützen den arbeitsfreien Sonntag in der derzeitigen gesetzlichen Regelung sehr stark. Es ist ein wichtiger Tag, der für die Familie da sein soll. Man muss aber auch ganz klar sagen, dass der Sonntag kein absolut arbeitsfreier Tag sein kann, da es viele Arbeitsgruppen gibt, die ohnehin einer Tätigkeit nachkommen müssen – in Spitälern, der Pflege usw. Dem Alternativ-Szenario, dass der arbeitsfreie Sonntag zu einem Einkaufstag wird, können wir sehr wenig abgewinnen.

Der ehemalige Bildungssprecher Harald Walser setzte sich vehement für die Abschaffung des Religionsunterrichts ein. Nun spricht man sich für ein Pflichtfach „Religionen- und Ethikunterricht“ ab der ersten Schulstufe aus. Dieses Fach soll den konfessionellen RU ergänzen bzw. eher verdrängen, da dieser dann nur mehr freiwillig besucht werden soll. Was ist falsch am Religionsunterricht?

Götze: Wir sind einerseits für eine Wertevermittlung in Form eines Ethikunterrichts wo allen Schülern dieselben Inhalte vermittelt werden. Darüber hinaus sind wir durchaus auch für eine Vermittlung von Religion in der Schule, wobei mein Ansatz hier wäre, dies in der Schule kontrolliert zu vermitteln. Der Staat muss hier schon hinschauen, was den Kindern unterrichtet wird.

Aber das geschieht doch beim konfessionellen Religionsunterricht ebenso. 

Götze: Und das soll auch in der Schule stattfinden und nicht in dem Sinn Privatsache sein.

Was spricht gegen das favorisierte Modell, den Ethikunterricht für all jene Schüler verpflichtend zu machen, die sich vom Religionsunterricht abmelden? Ethische Werte werden im Religionsunterricht ja schon vermittelt.

Götze: Sie haben Recht, ein guter katholischer Religionsunterricht kann eben genau diese Werte vermitteln, die in der Gesellschaft wichtig sind. Aber das hängt auch von den handelnden Personen ab oder ob etwa auch andere Religionen vorgestellt werden. Wenn dem so ist, dann ist das ohnehin eine Form des Ethikunterrichts und kann auch so funktionieren.

Die Grünen antworten auf die Frage nach der Bürgerinitiative „Fakten helfen“, dass sie diese nicht unterstützt haben, da sie hierfür keine Notwendigkeit sehen. Eine bundesweite Statistik brächte keine Verbesserungen. Warum nicht?

Götze: Zu dieser speziellen Initiative kann ich nichts sagen. Als Wissenschafterin bin ich aber davon überzeugt, dass es Daten und Fakten braucht um Dinge zu verbessern. Bei der Fristenregelung sind wir dafür, dass die grundsätzlichen gegenwärtig bestehenden Regelungen eingehalten werden. Diese sind hart erkämpft und eine wichtige Hilfe für Frauen. Allerdings ist auch ganz klar zu sagen, dass wir für Unterstützung und Beratung für Familien und Frauen in schwierigen Lebensphasen sind. Und gerade in der Schwangerschaft kann so eine schwierige Lebensphase sein.

In der Kampagne „I love my vagina“ der Jungen Grüne fordern diese eine Reform des Sexualkundeunterrichts – weg von Biologie hin zu Spaß – und Abtreibungen auf Krankenschein. Letztere Forderung ist ja mittlerweile schon auch in der Mutterpartei angekommen.

Götze: Ich habe selbst drei Kinder, Schwangerschaften können etwas sehr Schönes, aber auch eine schwierige Situation für eine Frau sein. In solchen Phasen brauchen Frauen Unterstützung. Das kann eine Beratung oder soziale und eben auch finanzielle Hilfestellung sein. Und ja, das kann auch gehen in Richtung finanzielle Unterstützung bei der Abtreibung. Ein Schwangerschaftsabbruch per Krankenkasse kann zumindest diese finanzielle Last zumindest etwas mildern.

Wahrscheinlich tue ich mir da als Mann sehr leicht, aber kommt es hier nicht zu einer Banalisierung der Abtreibung? Und wollen wir wirklich in eine Richtung, die eine Schwangerschaft in Richtung Krankheit rückt?

Götze: Krankenschein bedeutet, dass der Staat anerkennt, dass es eine schwierige Situation ist. Und dann Hilfestellung leistet. Aus meiner Sicht geht es aber nicht nur um die Bezahlung der Abtreibung, sondern auch um die Beratung rundherum. Hier muss es mehr Unterstützung vom Staat geben.

Als Maßnahmen, die Zahl der Abtreibungen zu verringern, nennen sie u.a. die Beteiligung von Männern an der Hausarbeit. Wie ist das zu verstehen?

Götze: Ich denke, ein wichtiger Grund, dass eine Frau eine Abtreibung in Betracht zieht, ist wenn sie mit der Situation überfordert ist. Da ist natürlich jede Form der privaten Unterstützung, auch bei der Hausarbeit, hilfreich.   

Wie stehen die Grünen zur eugenischen Indikation (die Möglichkeit einer Abtreibung bis knapp vor der Geburt bei Behinderungen)?

Götze: Wir rütteln nicht an den gegenwärtigen Regelungen. Weder durch Aufweichung noch durch Verschärfung.

Teile der Grünen sprachen sich schon 2001 für die aktive Sterbehilfe aus. Und noch 2015 forderten die Grünen eine Lockerung. Wie ist die gegenwärtige Position?

Götze: Wir waren nun eine Zeitlang nicht im Parlament. Wir sind auf jeden Fall dafür, die Patientenverfügung zu nutzen. Persönlich empfinde ich die aktive Sterbehilfe als eine ganz schwierige Entscheidung. Ich glaube, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Was heißt dieser berühmte Slogan „Religion ist Privatsache“ für Sie?

Götze: Privatsache bedeutet, dass ich mir oder Sie sich die Religion frei aussuchen und auch praktizieren können. Die Grenze ist aber dort, wo die Freiheit der anderen und demokratische Grundwerte beeinträchtigt sind.

Ist eine radikale Trennung von Kirche und Staat überhaupt realistisch? Gerade bei der Caritas setzen sich viele Menschen aus ihrem christlichen Glauben heraus für Staat und Gesellschaft ein. 

Götze: Ich halte Caritas und Diakonie für ganz wichtige Einrichtungen und Pfeiler unserer Gesellschaft. Es hat aber wenig mit der Trennung von Kirche und Staat zu tun. Ich habe aber schon den Eindruck, dass sich der Staat gewissermaßen seiner Pflichten entledigt hat und diese teilweise an die Kirchen delegiert hat. Etwa bei der Flüchtlingsfrage. Es ist dankenswert, aber so wird ein gewisses Staatsversagen durch die Religionen kompensiert. Zum Glück.

Teile der Grünen setzten sich vor einigen Jahren lautstark für die Aufkündigung des Konkordats ein. Steht es gegenwärtig bei den Grünen zur Diskussion? 

Götze: Wie Sie wissen, versuchen wir gegenwärtig ins Parlament zu kommen und hoffen, dass wir es schaffen. Wir haben momentan andere und wichtigere Themen um die wir uns kümmern.

Darüber hinaus gelten die AG Athe (Agnostiker und Atheisten für ein säkulares Österreich) die „Initiative Religion ist Privatsache“ sowie der Freidenkerbund als „grünnahe Organisationen“ (so zumindest ihre Eigendefinition). Der Atheistenbund freute sich: „Es schaut daher so aus, als gäbe es in Österreich nunmehr eine Partei, die sich offensiv für den Säkularismus einsetzt.“ 

Götze: Solche Meinungen sind mir bekannt. Wir haben uns aber nach der Trennung von bestimmten Personen personell völlig neu aufgestellt und sind was Religion betrifft völlig unvoreingenommen.

Gender Mainstreaming oder auch von manchen als Gender-Ideologie bezeichnet, standen bei den Grünen lange ganz oben auf der Prioritätenliste.

Götze: Ich stehe ganz klar für gleiche Chancen für alle Geschlechter, für Frauen und Männer. Ich stehe auch eindeutig für gleiche Rechte und Möglichkeiten. Es sollte sich jeder und jede entscheiden können, zu tun was man will. Inwieweit das dann sozial möglich ist, liegt an der Gesellschaft und die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen.

Sieht man sich die Online-Aktivitäten der Grünen an, so merkt man schnell: Die Grünen setzen sich für die Ehe für alle massiv ein und für mehr Rechte für LGBTI-Personen. Die klassische Familie – so der Eindruck – spielt hingegen kaum eine Rolle. 

Götze: Wir stehen dafür, dass die Menschen diejenigen lieben können die sie wollen und mit diesen zusammen leben können. Das gilt für alle: Männer, Frauen und andere Formen der Partnerschaft oder des Geschlechts.

Eine der unbekanntesten Tragödien der Gegenwart ist die Christenverfolgung. Je nach Schätzung werden zwischen 100 und 200 Millionen Christen weltweit diskriminiert, unterdrückt oder verfolgt. Gerade die Grünen stehen ja für Toleranz und gegen Diskriminierung. Zu diesem Thema herrscht aber durchgehend Schweigen. Warum?

Götze: Das hätte ich noch nicht so wahrgenommen. Das ist sehr interessant und ich werde es mir gerne ansehen, wir stehen ganz klar für Frieden und nicht für die Verfolgung von irgendwelchen Religionsgemeinschaften oder Minderheiten. Natürlich auch nicht der Christen. Dagegen treten wir ein.

Die Katholische Aktion tritt für eine Ökosoziale Steuerreform mit Ökobonus für alle Haushalte ein. Unterstützen sie diesen Vorschlag bzw. was sind ihre Pläne zur Erreichung der Klimaziele?

Götze: Ein ganz wichtiges Thema für uns ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs damit Mobilität nicht auf Individualmobilität angewiesen ist und insbesondere auf fossile Mobilität. Gerade in Niederösterreich ist das leider noch nicht der Fall: Wir bauen eine Waldviertelautobahn und eine dritte Piste in Schwechat. Züge werden eingestellt und abgerissen, in meinem Nachbarort werden voraussichtlich zwei Bahnstationen geschlossen. Das geht alles in die falsche Richtung. Die persönliche Mobilität muss einfach umweltfreundlicher gemacht werden.

Von manchen abschätzig als „Linkskatholiken“ bezeichnete Aktivisten innerhalb der Kirche engagieren sich auch für die Grünen - trotz mancher Divergenzen. Warum sind die Grünen für das „linkskatholischem Milieu“ attraktiv?

Götze: Weil es bei uns um Frieden geht, aber auch um den Erhalt der Lebensgrundlagen, was glaube ich auch in der Bibel ein sehr wichtiges Thema ist. Ich glaube, da gibt es ganz viele Übereinstimmungen. Wir freuen uns natürlich, wenn sich Katholiken bei uns engagieren.