Das Diözesankomitee Weltreligionen, die KPH-Wien/Krems, die PTH-St. Pölten und der Katholische Akademikerverband der Diözese St. Pölten luden am Abend des 17. Jänner 2019 zum Vortragsthema „Der Staat Israel: Heiliges Land, Hoffnungsraum oder Albtraum? Oder doch ein Staat wie jeder andere?“ ins St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt.
Ausgehend von den Ursprüngen des modernen israelischen Staates bei Theodor Herzl und Ben Gurion veranschaulichte Univ.-Prof. Dr. Gerhard Langer Gründungsphilosophie, Einwanderungsgeschichte und Spannungsfelder zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen im heutigen Israel.
Dabei kamen interessante Fakten nicht zu kurz. So seien bis heute manche Juden dem Staat Israel gegenüber skeptisch eingestellt, weil „dieser Staat erst bei der Wiederkunft des Messias gegründet werden sollte“. Auch gebe es eine Gruppe von Juden, die sogenannten Neturei Karta, die aus Ablehnung gegenüber dem Staat Israel mit der Hamas und der Islamischen Republik Iran zusammenarbeiten würden. Dass solche jüdischen Gruppen in politischer Hinsicht große Freiheiten genießen, sei Merkmal des jüdischen Staates: „Israel ist die einzige Demokratie in Nahost und eine der lebendigsten Demokratien der Welt“, so Univ.-Prof. Dr. Gerhard Langer.
Die am stärksten wachsende Gruppe innerhalb der israelischen Gesellschaft seien die rund 850.000 strenggläubige Juden: „Mit durchschnittlich 8 Kindern pro Familie erhöht sich der Anteil orthodoxer Juden an der Gesamtbevölkerung stetig und dürfte Berechnungen zufolge 2034 bei 20 Prozent liegen.“
Auf wissenschaftlich-universitärem Boden sei die Bedeutung des Hebräischen beim Studium der Judaistik stark zunehmend: „Konnte man vor wenigen Jahren noch mit guten Deutsch- und Englischkenntnissen einen Abschluss in Judaistik erreichen, so ist das heute ohne Kenntnisse der hebräischen Sprache und hebräischer Literatur nicht mehr möglich.“ Neben starker wissenschaftlicher Tätigkeiten israelischer Universitäten sei die gezielte Förderung des Hebräischen bei den Studenten dafür ausschlaggebend.
Obwohl der moderne Staat Israel erst seit 1948 existiere, verzeichne der Staat bereits zwölf Nobelpreisträger. Erst 2013 erhielt Arieh Warshel „für die Entwicklung von Multiskalenmodellen für komplexe chemische Systeme“ den Nobelpreis für Chemie.
Eben dieses klare Bekenntnis zu Leistung sei hauptverantwortlich für die rege Unternehmensgründerszene in Israel, was den Rang unter den vordersten fünf Staaten weltweit bei Patentanmeldungen erkläre: „Israel gilt neben dem Kalifornischen Silicon Valley als Innovationshochburg schlechthin.“
Obwohl, oder gerade weil viele dieser Unternehmensgründungen staatlich gefördert seien, „muss die 3-fache Fördersumme an den israelischen Staat zurückgezahlt werden, wenn ein zuvor gefördertes Unternehmen von einem ausländischen Unternehmen aufgekauft und ins Ausland verlegt wird“.
Gegen Ende der Veranstaltung sprach Univ.-Prof. Dr. Gerhard Langer die Themenbereiche Migration und Antisemitismus in Europa an und zitierte dabei den Vizepräsidenten des Jüdischen Weltkongresses Petr Papousek „Das eigentliche Problem ist, dass in Europa immer mehr muslimische Einwanderer leben und ein Teil von ihnen missachtet Juden. Wenn wir von wachsender Feindlichkeit gegen Juden in Europa sprechen, dann ist das vor allem auf die Einwanderer zurückzuführen“.
Jene, für die der Abend noch früh war, bzw. keinen allzu weiten Heimweg vor sich hatten, ließen den spannenden und inhaltlich hochaktuellen Abend in der Cafeteria des Bildungshauses St. Hippolyt bei manch interessantem Gespräch noch gebührend ausklingen.
(Kommunikationsreferat der Diözese St. Pölten)