Katholische Aktion
Christlich geht anders - Solidarische Antworten auf die soziale Frage
Ich bin in der KA, weil ...
PreisträgerInnen des Diözesanen Umweltpreises 2019
Mai
31
13:30, Mittwoch, 31. Mai 2023
, Grotte am Praterberg
Mai
31
18:00, Mittwoch, 31. Mai 2023
Eggenburg, Klosterkirche Eggenburg
Jun
12
18:30, Montag, 12. Juni 2023
St. Pölten, Bildungshaus St. Hippolyt
 
 

"Beim Beten fällt jedes Tabu ab" - 26. Jänner 2013

Die Katholische Männerbewegung (KMB) thematisierte beim diözesanen Männertag im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt „Tabus“. Referent Wilhelm Achleitner, Leiter des Bildungshauses Puchberg, sagte: „Tabus schützen das private Leben, stabilisieren aber ein Männerbild, das wichtige Lebensbereiche ausklammert. Das unvollständige Männerbild behindert uns, weil wir in ihm nicht als ganze Männer erscheinen.“ 
  

In den letzten Jahren hätten aber immer wieder Männer den Mut gefunden, sich der umfassenden Wirklichkeit ihres Lebens zu öffnen und für Tabus eine Sprache zu finden. Sie seien damit sich selbst und auch den Frauen nähergekommen. „Dem halbierten Mann begegnen unsere Frauen mit Vorsicht. Dem ganzen Mann öffnen sie sich mit mehr Liebe, Vertrauen und Erotik“, so Achleitner. Der öffentlich weniger bekannte, ganze Mann habe ein reiches Innenleben mit vielen Gedanken, Sorgen, Begabungen und Schwächen, Süchten und Sehnsüchten. Das Sichtbarwerden des intimen Männerlebens sei aber kulturell tabuisiert. Der private Mann solle unsichtbar bleiben.
Achleitner, der selbst im Diözesanausschuss der KMB der Diözese Linz mitwirkt, griff sieben Bereiche heraus, die im üblichen Männerbild kaum vorkommen. Die Tür zu einigen verschwiegenen Männerthemen solle also geöffnet werden.
 
1. Unsere Abkunft von Vater und Mutter, unser Verhältnis zu Geschwistern.
Ein Leben lang sei der Mann ein Sohn. Der Sohn einer Mutter und zuweilen ein Leben lang mit einer inneren Abhängigkeit von der Mutter oder in einer belastenden Auseinandersetzung mit dem Vater. Vermutet der Mann, den Vater hinter sich gelassen zu haben, tauche er in besonderen biographischen Situationen - bei der Geburt eigener Kinder, in beruflichen Konflikten, in Pensionierungsvorgängen usw. - plötzlich wieder innerlich vor einem auf und zwinge zu erneuter Auseinandersetzung. Und das Verhältnis zu Brüdern oder Schwestern sei nicht selten konflikthaft und unfrei. Es gebe die lebenslange Störung eines Männerlebens durch einen Bruder oder eine Schwester – oft ohne Aussprache und also tabuisiert.
2. Unsere Kinder
Männer lieben ihre Kinder, aber sie hätten für sie zu wenig Zeit. Das Aufwachsen ihrer Kinder können sie wegen fordernder Berufsarbeit nur unzureichend wahrnehmen. Das sei einer der heiklen Bereiche in einem Männerleben: unser naturgegebenes Fortpflanzungsbedürfnis, die innigen Gefühle dem Neugeborenen gegenüber, unser Beschützungsinstinkt und dann - die Vernachlässigung der Kinder. Hier sei vieles verschwiegen, auch unsere Sorge, wenn sich Kinder anders entwickeln als wir es uns wünschen.
3. Unsere sexuelle Energie
Täglich mehrmals verspüre der Mann erotische Gefühle und sein sexuelles Bedürfnis nach der Frau. Das Sexualhormon Testosteron halte Männer lebendig, und stark seien die sexuellen Wünsche. Und manche verspüren einen Drang zu strafbarem Handeln an beruflich Abhängigen oder gar an Kindern.
Was nicht mehr verschwiegen werden müsse: Zu einem Männerleben gehöre es, sich selber Lust zu machen, den sexuellen Hunger zu stillen. Dies entlasse den Mann beruhigt für einige Stunden und entlaste die Beziehung zur Frau vor sexueller Bedrängnis. Und zu erwähnen sei, weil es möglicherweise auch mit unserer sexuellen Energie zusammenhänge, die hilflose Wut, die zum Schlagen führt – der Kinder, der Frau. Gegen den sexuellen oder beruflichen Frust oder gegen Ohnmachtsgefühle in Konflikten neigen manche Männer dazu, mit Gewalt zu reagieren, um sich wieder stärker zu fühlen. Das sei schlimm, dazu dürfe es nicht kommen, verbleibe aber ungelöst im verschwiegenen Bereich der Familie.
4. Unsere gesundheitlichen Probleme
Der Mann wisse vor allem im vorgerückten Alter um seine gesundheitlichen Probleme. Er habe Bluthochdruck, Herz-Rhythmusstörungen, Schwindelgefühle, Gelenkschmerzen. Er sei oft übergewichtig, die sportliche Betätigung ist unzulänglich, der regelmäßige Kontakt zum Hausarzt bzw. zur Vorsorgeuntersuchung mangelhaft. Viele Männer würden sich verschweigen - auch ihrem Arzt gegenüber. Sie wollen ja stark und vital sein. Das sei riskant und mancher stirbt plötzlich und viel zu früh.
5. Unsere Süchte
Viele Männer haben Süchte. Sie rauchen oder trinken zu viel, spielen in Casinos, spekulieren mit Geld, brauchen immer wieder Frauen, arbeiten über die Maßen oder essen zu viel. Es sei die Beschränktheit unserer irdischen Existenz, die durch Süchte auszugleichen versucht wird. Und dazu komme mancher Schicksalsschlag, manche Demütigung, was nicht selten zu einer ungesunden Reaktion verführt – am häufigsten zum Alkohol.
6. Die Religion
Religion sei bei nicht wenigen Männern wie ein eingezwickter Nerv. Angst vor Schwäche bestimme das Verhältnis zur Religion. Die Hinwendung zu Gott sei geprägt von einer Einengungsangst. Gott werde als Rivale empfunden, der die männliche Kraft hemme. Religiös-sein als Stärke zu verstehen, sei kaum vorgesehen. Doch manche seien Mystiker, aber darüber schweigen wir besonders. „Ich habe Gott gespürt“ oder „Jesus ist mein Vorbild“ würden nicht zum Sprachschatz von Männern gehören.
7. Unsere Vergänglichkeit
Mit der Vergänglichkeit des Lebens und der Alterung ihres Körpers würden sich Männer schwer tun. Sie stürzen den Mann in eine unruhige Ängstlichkeit. Die sexuelle Potenz lasse nach. Dazu komme der Bedeutungsverlust durch Pensionierung. Der ältere Mann ist kulturell nicht mehr relevant. Die Alterung sei aber unaufhaltsam. Nicht darüber zu reden sei allerdings auch kein wirksames Mittel dagegen.
„Was hilft es, wenn wir uns diesen Tabus stellen? Anerkennen, was ist - also Bemühen um Gelassenheit“, so Achleitner. Es gebe eine Gelassenheit durch Resignation. Diese helfe nicht. Und es gebe eine Gelassenheit aus Glauben, die uns weiterführe. Es sei der Glaube, „dass Gott mich wollte, dass er in der Zeugung meine Seele, mein 'Ich' zu den verschmelzenden Genen hinzugab“.
 
Und dann sei es der Glaube an die Vorsehung, die unsere Lebensbewegung begleitende Gnade. „Wir werden des Weges geführt, den wir gehen. Gott nimmt uns mit sich mit, damit wir zu ihm heimfinden.“
 
Achleitner empfiehlt: „Lassen Sie diesen Glauben immer tiefer in sich einsickern. Nützen Sie Wartezeiten im Supermarkt, auf einer Busstation, an Ihrer Arbeitsstelle, um in diesen Minuten den Satz in Ihre Seele hinabgleiten zu lassen: Gott will mich und er will mich für immer!“
 
Und weiter: „Sie könnten sich dafür auch täglich eine Zeit zum Beten nehmen. Wenn Sie beten, fällt jedes Tabu von Ihnen ab. Vor Gott ist der einzig tabufreie Raum. Vor ihm können Sie alles von sich ausbreiten. Und Sie werden wachsen im Glauben, in der Liebe, in der Hoffnung – und in der Selbstachtung.“
 
Beim diözesanen Männertag gratulierte der Geistliche Assistent der KMB, Richard Jindra, Diözesanobmann Leopold Wimmer nachträglich zu dessen 60. Geburtstag. Wimmer appellierte an die Männer, die aus der ganzen Diözese gekommen waren, das viele Gute, das in den Pfarren geleistet werde, zu sehen und sich nicht von der oft negativen Stimmung in der Kirche anstecken zu lassen.